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dak gesundheitWer sich die Mühe macht und als "Öffentlichkeit" an einer Verwaltungsratssitzung einer gesetzlichen Krankenkasse teilnimmt, wird schon zu Beginn der Veranstaltung nach den üblichen Ritualen, wie Eröffnung der Sitzung, Begrüßung der Teilnehmer und Gäste, Beschluss über die Tagesordnung überrascht. Ergreift doch nun der Verwaltungsratsvorsitzende das Wort. Er hält eine Rede. Hier, aus welchen Gründen auch immer, Statement genannt. Sie wissen doch: Statement = öffentliche [politische] Erklärung oder Verlautbarung. Oder ist das doch nur Anweisung oder Befehl für den Computer?
 
Jetzt wird es interessant. Eine politische Erklärung? Zu welchem Thema? Ist doch klar. Die Rede wird sich mit der Krankenkasse beschäftigen, in deren Selbstverwaltung man sitzt. Da werden Themen angesprochen, die sich mit dem Umfeld des zu betreuenden Bereiches, also der Gesundheitspolitik und / oder der Pflegeversicherung beschäftigen.
 
Weit gefehlt! Der Vorsitzende beschäftigt sich mit der Teuerung, also Inflation, den Schrecken des Ukrainekrieges, den Folgen der Pandemie und so weiter und so fort. Dies alles ohne einen Bezug zur Einrichtung, die sich gesetzliche Krankenversicherung nennt, herzustellen. Es wird – sagt man schwadroniert – über eine mögliche Spaltung der Gesellschaft. Oder aber über die Haushaltskrise, nein nicht des eigenen Unternehmens, sondern des Bundes oder der öffentlichen Haushalte. Alles dies ohne Bezug zur Realität des eigenen Hauses. Wie z. B.: was kostet die Kasse konkret in Euro und Cent ausgedrückt, die Inflation bei der Steigerung der Arzneikosten? Aber das scheint auch nicht das Ziel dieser Äußerungen zu sein. Dann noch ein wenig Lobhudelei. Ja, natürlich muss der Vorstand gelobt werden.
 
Jetzt sind da noch drohend  ein paar Hinweise, zum Gesamtversicherungsbeitrag zu geben. Der Beitrag der sich aus den Beiträgen für die Krankenkasse, Renten- und Pflegeversicherung und Arbeitslosenversicherung ergibt. Natürlich den Gesamtversicherungsbeitrag - wie man meinen könnte - der oder die Versicherten. Weit gefehlt. Nein, gemeint ist der Betrag, der sich zusammen mit den Beiträgen der Arbeitgeber ergibt.  Das ergibt dann so um die 40 %.
 
Hört sich gefährlicher an als es ist. Denn dieser Gesamtversicherungsbeitrag befindet sich schon seit vielen Jahre zwischen   39 % und 40 %. 1) Was bewegt nun eigentlich einen Verwaltungsratsvorsitzenden die 40 % als gefährlich für die Allgemeinheit darzustellen. Warum also diese, dann doch politische Aussage, im Zusammenhang mit den Finanzen der Krankenkasse? Entscheidend für die Versicherten ist doch nur der selbst zu tragende Beitrag. Diesen kann der Versicherte zwar in der Steuererklärung, steuermindernd einsetzen, aber nicht, wie bei den Arbeitgebern, diesen Betrag als Kosten auf die Preise der Produkte und Dienstleistungen aufschlagen, um diese sich dann von den Kunden bezahlen zu lassen. Alles in allem eine Rede, die bei der einer Verwaltungsratssitzung begleitenden Öffentlichkeit, mehr Fragen hinterlässt, als dass sie zur Sachaufklärung der Probleme der beitragszahlenden Mitglieder beiträgt.
 
Vielleicht sollten die Mitglieder des Verwaltungsrates diese nur der Selbstdarstellung von VR-Vorsitzenden und Vorstand dienende Verfahrensweise verändern. Zum Beispiel der Öffentlichkeit die sie interessierende Hintergründe über die Situation der Kasse im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung in den  Stellungnahmen aufzeigen. So wie es jetzt (wieder einmal?) geschehen, bleibt der Eindruck der qualifizierten Drönprosa.
 
 
1) Entwicklung des Gesamtsozialversicherungsbeitrage zwischen 2000 und 2023
 

Zeitraum

Gesamt-
beitragssatz

RV[3]

ALV[4]

KV[5]

PV[6]

2000

41,10 %

19,3 %

6,5 %

13,6 %

1,7 %

2003

41,70 %

       

2004 und 2005

42,00 %

19,5 %

6,5 %

14,2 %

1,8 %

2006

41,90 %

19,5 %

6,5 %

14,2 %

1,8 %

2007

39,10 %

19,9 %

4,2 %

14,8 %

1,8 %

2008

38,80 %

19,9 %

3,3 %

14,9 %

1,8 %

2009

40,15 %

19,9 %

2,8 %

15,5 %

2,0 %

2010

39,55 %

19,9 %

2,8 %

14,9 %

1,95 %

2011

40,35 %

19,9 %

3,0 %

15,5 %

1,95 %

2012

40,05 %

19,6 %

3,0 %

15,5 %

1,95 %

2013 und 2014

39,45 %

18,9 %

3,0 %

15,5 %

2,05 %

2015

39,55 %

18,7 %

3,0 %

14,6 % + 0,9 %[7]

2,35 %

2016

39,75 %

18,7 %

3,0 %

14,6 % + 1,1 %[7]

2,35 %

2017

39,95 %

18,7 %

3,0 %

14,6 % + 1,1 %[7]

2,55 %

2018

39,75 %

18,6 %

3,0 %

14,6 % + 1,0 %[7]

2,55 %

2019

39,65 %

18,6 %

2,5 %

14,6 % + 0,9 %[7]

3,05 %

2020

39,75 %

18,6 %

2,4 %

14,6 % + 1,1 %[7]

3,05 %

2021 und 2022

39,95 %

18,6 %

2,4 %

14,6 % + 1,3 %[7]

3,05 %

2023

40,45 %

18,6 %

2,6 %

14,6 % + 1,6 %[7]

3,05 %